Jahresrückblick 2020

Es hätte schlimmer kommen können – und kam schlimmer


Eines ist klar: Das Jahr 2020 war sch…, will sagen schrecklich. Für weite Teile der Kunststoff verarbeitenden Industrie hat es mit deutlichen Zeichen einer Konjunkturabschwächung schon denkbar schlecht begonnen – allen voran Automotive. Doch gemessen an dem, was dann folgte, dürfte sich mancher die Probleme jener Zeit zurückwünschen. Denn es hätte schlimmer kommen können – und kam schlimmer. Es kam Corona. Dass in der Folge nahezu alle Präsenzveranstaltungen ausgefallen sind, war noch das kleinste Übel.

Dabei hat das Krisenjahr auch zu Aktivitäten animiert, die bis dato undenkbar gewesen wären, zum Beispiel „Balkon-Singen für die Kunststoffbranche“, das von plas.TV aus der Taufe gehoben wurde.

Doch auch darüber hinaus drehte die Welt sich weiter, wenn auch nicht immer ganz rund. Erzeuger von Rohstoffen hatten mit auffallend vielen Drosselungen und Force Majeures zu kämpfen, Packaging fand im Schatten der Gurke statt und beim Recycling prallten Wunsch und Wirklichkeit aufeinander.

Gedreht hat sich auch das Personalrad. Lassen Sie in den VIP-News noch einmal geordnete Übergänge und überraschende Veränderungen Revue passieren. Warum ein Insolvenzantrag die Kunststoffsteuer aussticht, verraten derweil die Klick-Stars.

Zu guter Letzt wünschen wir Ihnen derzeit nur eines, aber dieses ganz besonders: Bleiben Sie gesund!

Ihre KI-Redaktion

Corona: Geschockt, aber nicht in Schockstarre


Ein Virus hat das Jahr 2020 komplett durcheinandergebracht. Kein Computervirus, sondern ein realer Erreger war es, der auch der Kunststoffbranche seine Krone aufsetzte – zunächst in China, bald in der ganzen Welt. Während Unternehmen in Fernost schon auf eine erhöhte Post-Pandemie-Nachfrage hofften, begab man sich hierzulande in den Lockdown. Der Spritzgießmaschinenhersteller Engel war einer der ersten aus der Branche, der die Produktion einstellte. Bald darauf verhängte Shell Baustopp für einen Petrochemie-Komplex, um 7.500 Arbeiter vor Corona zu schützen. Die Logistik brach nach Corona-bedingtem Chaos an den Grenzen zusammen. 

Spätestens Mitte des Jahres manifestierte sich in den Bilanzen der Abwärtstrend, den zuvor schon eine KI-Blitzumfrage dokumentierte. Und doch gab es in der Krise auch eine Welle der Hilfsbereitschaft sowie Profiteure. Mit Kreativität und Entschlossenheit wurde, wo es ging, auf die Produktion von Medizintechnik umgestellt. 

Auf den vergleichsweise gemäßigten Sommer folgten im Herbst hohe Fallzahlen und damit der „Lockdown-Light“. In diesem befindet sich Deutschland noch, während diese Zeilen entstehen. Und es wird darüber gestritten, ob dieser zu weit oder zu kurz geht.

Plas.TV: Balkonsingen unter dem Motto „Plastics unite(d)“


„Balkonsingen für die Kunststoffindustrie“ – zu Beginn der Corona-Pandemie war das die Idee von Guido Marschall, Gründer des Videokanals Plas.TV. In den ersten Wochen des Lockdown hat der Moderator unter dem Motto „Plastics unite(d)“ mit Akteuren in Schlüsselpositionen der Kunststoffindustrie gesprochen und den Zuschauern gezeigt, dass sie nicht allein mit den Auswirkungen der Pandemie fertig werden müssen. Seine Videos ermutigen auch heute noch, die Herausforderungen der Pandemie anzunehmen, damit Unternehmen und deren Mitarbeiter gesund bleiben.

Die Videos dokumentieren auch, wie die positiven Eigenschaften von Kunststoffprodukten seit dem Ausbruch von Covid-19 in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt sind. Medizinisches Zubehör, Gesichtsmasken, Einweghandschuhe und Lebensmittelverpackungen wurden äußerst wichtig. Es ist zu hoffen, dass dieses positive Image von Kunststoffen auch nach dem Ende der Krise erhalten bleibt!

Hier können sie noch einmal alle Videos sehen.

Ausgefallen: Das Messejahr 2020 hätte schön sein können


Es war alles gerichtet für ein ereignis- und erfolgreiches Messejahr 2020. Doch so hart wie kaum ein anderer Bereich wurden Messeveranstalter von der Corona-Pandemie getroffen. Die Verschiebung der „Chinaplas“ im Februar war nur der Auftakt, schon bald darauf traf der Coronavirus Europa, was zu einer endlosen Reihe von Verschiebungen und Absagen führte. Es folgte ein Kampf der Veranstalter, der nicht zu gewinnen war.

Während beispielsweise die „Fakuma“-Verantwortlichen noch mit den Behörden um Hygiene- und Sicherheitskonzepte feilschten, hatten sich führende Aussteller längst abgewendet. Mit „Keine aktive Teilnahme“ wurde zum Ausdruck gebracht, dass man zwar die gebuchte Standfläche behalte, diese aber allein mit Roll-ups und Bannern beschicke. Doch schnell wurde klar: Nicht nur Aussteller würden den Messen fernbleiben, sondern auch die Besucher. Also fand auch die Fakuma nicht wie geplant statt.

Größtenteils reagierten Messeveranstalter angesichts existenzbedrohender Umsatzverluste mit neuen Formaten. Online oder hybrid sollten Aussteller und Besucher fortan zusammenkommen. Über alledem schwebte aber die Hoffnung, möglichst bald wieder zur Normalität zurückkehren zu können. Und so hat zumindest der Ausstellerbeirat der „K“ seine Arbeit im Oktober ganz normal fortgesetzt und die Weichen für die nächste Messe 2022 gestellt.

Von Beginn an hat der KI-Veranstaltungskalender über alle Veränderungen informiert – und das macht er auch weiterhin.

(Foto: KI)

Rohstoffe: Dem Regen seine Traufe


Im Frühjahr war noch alles in Ordnung: „Die Turbulenzen bei den Polymeren halten sich nach den Umfragen für die KI-Preispanel in Westeuropa bislang in Grenzen (...)“, schrieb KI im April. Die Ruhe hielt nicht lange an, geringe Teile- und Produktabnahmen zwangen Verarbeiter, die Fertigung von sich aus einzuschränken. Die spätestens im Sommer in einigen Sektoren weggebrochene Nachfrage sorgte für erwartete Preisverwerfungen, resultierend auch aus der Tatsache, dass sich die Polymerproduktionen einem nicht mehr wirtschaftlichen Niveau näherten. Trotz Drosselungen wuchsen die Lagerquantitäten. Gleichzeitig machte eine grundlegende Veränderung im europäischen Markt für PE-LLD-Stretchfolienmaterialien bemerkbar.

Die Corona-Problematik begleitete uns mit schöner Eindringlichkeit bis in den Herbst. Die Hoffnung auf Beruhigung wurde abgelöst von der Hurrikan-Saison in den USA, der schwersten seit 2005. Als wäre das noch nicht genug, fiel bei PVC und vor allem PUR mitten in die Erholungsphase ein Materialengpass, der sich gewaschen hatte.

Mit einer Zahl endet dieser kleine Streifzug durch die Rohstoffwelt: 36. So viele Force Majeures registrierte KI im Jahresverlauf. Ebenso viele wie im Vorjahr, jedoch weniger als in den Jahren, als die Verarbeiterkritik überkochte.

Packaging: Im Schatten der Gurke


Nicht erst in Corona-Zeiten wünscht sich der Verbraucher maximalen Produktschutz – ,,aber bitteschön, doch nicht in einer Kunststoffverpackung!" Die Gurke hat es sinnbildlich als erste erwischt; sie kommt selbstredend auch ohne eine schützende Kunststoffhülle aus. Aber viele andere Produkte eben nicht.

Die abpackende Industrie greift daher verstärkt zur Hybridlösung. Kunststofffolien werden mit einer Zellstoffschicht „verheiratet“, um Produktschutz und Maschinengängigkeit mit einem „Nicht-Kunststoff-Look“ zu kombinieren. Der Verbraucher goutiert es – nicht ahnend, dass sich viele Verbundmaterialien nur schlecht recyceln lassen. Branchenverbände schlagen deshalb zunehmend Alarm.

Weitere Trends in diesem Jahr: Monomaterial statt Multilayer – wobei bis zu 5 Prozent Fremdmaterial erlaubt sind – sowie, den Nachhaltigkeits-Agenden vieler großer Markenartikler entsprechend, die zunehmende Substitution von Kunststoffneuware durch Rezyklate. Befeuert auch durch die EU-weite Kunststoffsteuer.

Noch zählt Packaging mit einer eingesetzten Gesamtmenge von 1,4 Mio t neben der Baubranche zu den Schwergewichten, was die Verarbeitung in Deutschland angeht. Aber durch die aktuellen Regularien – Stichwort Kunststofftütenverbot sowie die Umsetzung der 2019 verabschiedeten „SUP“-Richtlinie in nationales Recht – wird Verpackung weiter Federn lassen müssen.

 

(Foto: Panthermedia/loriklaszlo)

Automotive: Die Spreu trennt sich vom Weizen


Audi 9.500, BMW 6.000, Continental 13.000, Daimler 10 bis 15.000, MAN 9.500, Schaeffler 4.400, VW 20.000, ZF 15.000. Insgesamt gut 80.000 Arbeitsplätze werden allein bei Autobauern und großen Zulieferern in den nächsten Jahren wegfallen, das wurde in diesem Jahr klar. Das sind 10 Prozent der direkt in der deutschen Automobilindustrie Beschäftigten. Gründe sind Überkapazitäten, die Transformation zur Elektromobilität und Corona. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, was auch an den Plänen zur Verlagerung der Verbrennungstechnologie ins Ausland zu sehen ist, während das zukunftsträchtige Geschäft mit Elektrofahrzeugen in Deutschland bleibt.

Schließungen hunderter Werke weltweit, Kurzarbeit und Insolvenzen wie die der Zulieferer Novares und Techniplas waren nur die Spitze des Eisbergs. Experten prognostizierten schon im Frühjahr einen Produktionsrückgang bei Pkw und leichten Transportern von 15 Prozent auf 77 Mio Fahrzeuge weltweit. In Deutschland sank die Fertigung laut VDA von fast 500.000 Pkw im Jahr 2018 auf voraussichtlich unter 300.000 in diesem Jahr. Zuletzt nahm der Optimismus etwas zu, nachdem sich die Zahlen gegen Ende des dritten Quartals wieder dem Niveau des Vorjahreszeitraums annäherten.

Und dann war da noch die Internationale Automobilausstellung: Seit fast 70 Jahren felsenfest mit Frankfurt verbunden wird die IAA Pkw künftig in München ausgerichtet, das nächste Mal wohl vom 7. bis 12. September 2021.

(Foto: PantherMedia/AndriiVergeles)

Recycling: Kreisläufe schließen – zwischen Wunsch und Wirklichkeit


Chemisches Kunststoffrecycling: Das ist für die einen der Königsweg im Kampf gegen Plastikmüll und zur Einsparung fossiler Rohstoffe – für andere wegen ökologischer und ökonomischer Bedenken ein Irrweg und reines Ablenkungsmanöver. Ob Hype oder nicht, die ambitionierten EU-Recyclingquoten müssen erfüllt werden und die Branche setzt dazu mit Hochdruck auf Partnerschaften entlang der Wertschöpfungskette.

Für mehr PET-Recycling wurde im Januar ein branchenübergreifendes Konsortium gegründet, für geschlossene PS-Kreisläufe kooperieren seit September die führenden Wettbewerber.

Großanlagen für chemisches Recycling gingen 2020 nicht in Betrieb – wenig überraschend, denn die Marktreife liegt noch in weiter Ferne. Dennoch geht es voran! LyondellBasell startete eine Pilotanlage in Italien. Chemiekonzerne wie BASF, Borealis, Ineos, Sabic, Total, Repsol und Versalis kündigten Projekte zur Gewinnung von Pyrolyse-Öl oder sonstiger „Erneuerbarer“ an.

Corona-bedingt geriet derweil der europäische Rezyklatmarkt drastisch unter Druck, Primärware wurde zu billig. Gezielte Förderung von werkstofflichem Recycling und Mehrwegsystemen, lautet die Forderung auch in diesem Jahr. Ob dies alles eines Tages auch dem Image von „Plastik“ hilft, es wäre schön!

(Foto: LyondellBasell)

VIP-News: Die Branche steht nicht still


In der Kunststoffindustrie drehte sich das Personalrad auch 2020 munter weiter. Neben geordneten Übergängen wie beim Verpackungshersteller Alpla, wo CEO Günther Lehner das Ruder nun an die nächste Generation übergibt, standen überraschende Wechsel wie das Ausscheiden des Mitgründers Ralf Zastrau beim Oberflächenspezialisten Nanogate.

Namhafte Veränderungen in der Chefetage gab es in allen Bereichen der Kunststoffindustrie. Im Maschinenbau ist die Ernennung von Dr. Michael Ruf als neuer Chef von KraussMaffei hervorzuheben. Bei den Erzeugern übernahm Geir Tuft die Leitung des europäischen PVC-Marktführers Inovyn und Steve Harrington die der Schwestergesellschaft Ineos Styrolution.

Aus dem Verarbeitungssektor ist die Bestellung des ehemaligen RPC-Chefs Pim Vervaat zum neuen CEO des Verpackungsherstellers Constantia Flexibles zu nennen sowie die Installation einer Doppelspitze aus Dr. Martin Gall und Franz Haslinger beim Autozulieferer Dräxlmaier. Werner Kruschitz übergab die Führung seines Recyclingbetriebs an den bisherigen Betriebsleiter Patrick Grutze.

Bei den Verbänden verließ Dr. Oliver Möllenstädt den GKV, und PlasticsEurope Deutschland hatte das unerwartete Ableben des Hauptgeschäftsführers Dr. Rüdiger Baunemann zu beklagen.

KI-Collage: Oben, v.l.: Dr. Rüdiger Baunemann, Geir Tuft, Ralf Zastrau; unten, v.l.: Dr. Oliver Möllenstädt, Dr. Michael Ruf, Pim Vervaat (Fotos: PlasticsEurope, Inovyn, Messe Düsseldorf, KraussMaffei, RPC, KI)

Klick-Stars: Insolvenzantrag sticht Kunststoffsteuer und Sabic-Umbau


Beim Blick auf die TOP-50 der meistgelesenen Artikel in diesem Jahr überrascht es wenig, dass sich viele Polymerpreisberichte ganz weit oben tummeln. Aber auch die KI-Berichterstattung über die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Akteure der Kunststoffbranche wurde im Jahr 2020 intensiv gelesen. Abseits dieser Themenblöcke haben es jedoch auch diese drei Meldungen in die Top 30 geschafft:

Und ,,AUCH DAS ....“ wollen wir Ihnen kurz vor dem Jahresende nicht vorenthalten: Die am besten geklickte Kunststoffglosse finden Sie hier!

(Foto: Novares)

Zu guter Letzt: Bleiben Sie gesund!


Nun ist es bald vorbei, das turbulente und aufregende Jahr 2020! Die Corona-Krise hat allen Branchen weltweit schwer zugesetzt und viele Schicksalsschläge zu verantworten. Zahlreiche Messen und Veranstaltungen wurden abgesagt oder in virtuelle Formate umgewandelt. Das Event- und Veranstaltungsmanagement kam damit so gut wie zum Erliegen. 

Auch die Kunststoffbranche verzeichnete herbe Einbußen, wie die beiden Blitzumfragen zur Corona-Krise im April und Oktober von „KI – Kunststoff Information“ und „K-PROFI“ deutlich zeigen. Dennoch glauben viele Unternehmen die Talsohle erreicht zu haben und zeigen sich für 2021 vorsichtig optimistisch. 

Obwohl das Jahr sehr aufregend war, haben wir stetig für Sie an neuen Ideen und unserem Produktportfolio gefeilt. So ging in diesem Jahr die neue Website der KI Group online und der Weiterbildungsbereich „Knowledge & Training“ konnte sich mit seinen deutschen und englischsprachigen Seminaren erfolgreich im Markt etablieren. 2021 wird das Angebot weiter ausgebaut. 

Mit „K-PROFI extra“ konnten wir zudem sehr erfolgreich ein neues crossmediales Angebot schaffen, das im Herbst über Neuheiten informierte.

Ohne unsere treuen Leserinnen und Leser wäre dies nicht möglich gewesen. Dafür möchten Ihnen an dieser Stelle herzlichst danken! 

Wir sehen uns im kommenden Jahr wieder, doch zuvor wünschen wir Ihnen für die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel alles Gute – und bleiben Sie gesund! 

Ihr KI-Team